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»Paperdolls«

Andrea van Reimersdahl

21.09.23 - 09.11.23

Wo die Grenzen zwischen Kunst und Design, zwischen dem »freien« und dem «angewandten« Schaffen verlaufen, wird im öffentlichen Diskurs immer wieder neu verhandelt. Andrea van Reimersdahl interessiert diese Frage nicht unmittelbar. Da sie in beiden Welten zu Hause ist – sie hat sowohl Design als auch Malerei studiert und über zehn Jahre selbst Mode entworfen – überschreitet sie die Grenzen ohne Scheu.

Andrea van Reimersdahls Werke sind Serigrafien, das heißt sie entstehen im freihändigen Siebdruckverfahren. Ausgehend von der Silhouette ihres Körpers entwickelt sie dabei abstrakte, anthropomorphe Formen, die auf digitalem Wege zu Druckvorlagen werden.

So auch in ihrer Ausstellung »Paperdolls«, die ausschließlich aus textilen Arbeiten besteht. Dabei lotet sie die Lebendigkeit und Leichtigkeit des textilen Materials aus, inszeniert die Textilien aus verschiedenen Blickwinkeln und lädt dazu ein, sich den Stoff als tragbare Kunst vorzustellen.


Das Spiel mit Schatten und den Abstufungen von Hell und Dunkel hat Andrea van Reimersdahl zuletzt intensiv beschäftigt. Die vielen Graubereiche zu zeigen, die zwischen Schwarz und Weiß liegen, ist ihr ein Anliegen – auch vor dem Hintergrund der zunehmenden Polarisierung in der Gesellschaft. Aus diesem Impuls heraus kuratierte sie 2020 die Ausstellung 0+255, in der diese Grauzonen im Fokus standen.

In »Paperdolls« hingegen geht van Reimersdahl wieder voll in die Farbe. Aus den Grautönen sind geradezu grelle Lichtfarben geworden, die an die Neon- und Pastelltöne der Achtzigerjahre erinnern. Inspiriert wurde sie von der gleichnamigen Modekollektion der japanischen Modedesignerin Rei Kawakubo aus dem Jahr 2012, die als »Verherrlichung der Flächigkeit« gilt.

Die Arbeiten in der GE59 variieren in Form, Farbe, Oberfläche und Textur. In der »Werkstatt« hängen großformatige Raumarbeiten, die in einen Dialog mit den Vorhängen im Gebäude treten. Ergänzt werden sie mit kleineren bedruckten Tüchern. Diese sind so drapiert, dass sie die Leichtigkeit und Dreidimensionalität des textilen Materials betonen und die Tragbarkeit am Körper denkbar wird.

Andrea van Reimersdahl lebt in Berlin. Aufgewachsen an der deutsch-niederländischen Grenze, einer Region mit traditioneller Textilproduktion, verbindet sie klassische Malerei mit Verarbeitungstechniken aus der Bekleidungsindustrie. In 2004 schloss sie ihr Studium der Malerei bei Prof. Katharina Grosse an der Weißensee Kunsthochschule Berlin ab. Mit der Idee einer tragbaren Malerei am menschlichen Körper gründete sie das Modelabel AVR.

Ihre Arbeiten werden in Modenschauen, Performances und in Kunstinstitutionen präsentiert, z. B. der Galerie Ursula Walter in Dresden, dem Saasfee*Pavillon in Frankfurt a. M., dem Künstlerforum Bonn oder in der Studiogalerie im HAL Berlin. Sie erhielt Stipendien und Preise u. a. von der Hans und Charlotte Krull Stiftung, der Stiftung Kunstfonds, der Stiftung Kulturwerk der VG-Bild Kunst und dem Reclaim Award.